Mount Kenia

Text: Felix Berg (2011) / Bilder: Felix Berg

Zu meinem Hausberg wurde der Mount Kenia als ich in Nairobi studierte. Ein Austauschjahr hatte sich aufgetan: Physik Studium an der University of Nairobi, in Kenia. Wer hätte das gedacht? Doch, an der Universität gab es Fakultäten für fast alle Fächer. Klettern in Afrika. Genauso abwegig? Ganz und gar nicht, denn der zweithöchste Berg Afrikas und die höchste Erhebung Kenias bietet viele Abenteuer im steilen Fels.

Die experimentelle Ausrüstung der Physik Fakultät war ausgelaugt, die Motivation der meisten Lehrer auch. Entsprechend erfreut war ich bald die Felsen im Umkreis von Nairobi zu erkunden. Meine Anlaufadresse, der Mountain Club of Kenia (MCK), war ergiebig. Damals noch stark Englisch geprägt, lernte ich das Trad-Climbing zu schätzen, begann wilde kleine Routen in der Savannenlandschaft zu begehen. Dann lernte ich den Mount Kenia kennen, die Perle Afrikas für das Kletterherz.

Im Oktober war ich angekommen, in der kleinen Regenzeit. Als diese im Dezember zu Ende ging, fuhren wir zum Mount Kenia. Meine erste Route da war das Point John Couloir, eine 200m lange Eisrinne. Zwei Freunde stiegen mit Seil, ich alleine ohne Seil. Dann blieb ich eine Woche, um zu klettern. Es stürmt dabei 3 Tage, sodass wir uns mit kleinen, aber schönen Felsrouten am Point John begnügten, immer noch einer meiner Lieblingsfelsen. Die Hauptgipfel mussten noch warten. Praktischerweise ist der Berg nicht weit weg von Nairobi. Je nach Fahrstil brauch man zwei bis vier Stunden. So ergab es sich im Winter 2002 /2003 das der Berg zu meinem Heimatgebiet wurde.

Den Nelion (5189m) bestieg ich das erste Mal mit Will Forst, um die Howell Hut am Gipfel zu reparieren. Der Batian (5199m), 10 Meter höher, folgt dann im Alleingang über den wunderschönen SW-Grat, einer klassischen Linie mit gutem Fels. In Kenia war ich der einzige studierende Kletterer. Alle Partner arbeiteten, waren entsprechen eingebunden. So zog ich öfter allein los, beging mit Selbstsicherung auch eine neue Tour am Midget Peak. Markus Griesshammer, damals ein regelmäßiger Alpinpartner, kam mich besuchen und natürlich stand der Mount Kenia auf dem Programm. Wir verbrachten 10 Tage am Berg und kletterten einige schöne Linien, darunter eine Diamond Buttress Tour am Batian, die NW-Kante am Point John. Zwischendrin brach ein Schneesturm herein, für einen Tag und eine Nacht, und verzuckerte die Felswände. Ich lernte, dass dies durchaus üblich ist. Ab 4000 Meter Höhe kann dann der ganze Berg in einer Schneeschicht liegen. Der Schnee am Boden schmilzt schnell weg, bleibt aber in den Schattenseiten der Wände und in den Felsrissen auch länger hängen. Mit der Höhe, den wechselhaften Wetter, selber abzusichernden Rissen und Eis- und Schneefeldern warten am Mount Kenia wahre alpine Erlebnisse inmitten Afrikas.

 

Bilder: (v.l.n.r.): Klassische Südansicht des Mount Kenias; am Normalweg; Pete Horsey, Daniel Mazur und Arnold Coster


Das Austauschjahr endete im September. Verregnetes Wetter am Mount Kenia, ein Charter-Flugzeug aus Südafrika stürzte in den Berg (13 Menschen an Bord), knapp unterhalb vom Point Lenana, und alle Insassen starben. Wir kämpfen uns am 600m hohen Nordostpfeiler vereiste Risse hinauf, müssten 150 Meter unter dem Gipfel umkehren. Ein großer Felsbrocken löste sich, erwischte mich fast, aber gerade noch rechtzeitig sprang ich zur Seite. Durchnässt und müde stiegen wir ab. Die Fahrt auf den glitschigen Straßen bergabwärts forderte Kontribution, der Landcruiser drehte sich und ein paar Beulen blieben. Dann versanken wir noch im Matsch und mussten einige Stunden das Auto Ausbuddeln während es unerlässlich regnete. Auch diese Erlebnisse gehören zum Abenteuer in Kenia.

In den folgenden Jahren kehrte ich immer wieder zum Mount Kenia zurück. Dort trainierte ich 2004 für meine Everest Besteigung. Mit Daniel Mazur und SummitClimb folgten organisierte Touren und Führungen. Den Rally-Driver Peter Horsey konnte ich immer wieder als Seilpartner für private Abenteuer überzeugen, wobei mir immer die An- und Abfahrt, diese benutze er als Trainingsstrecke, am wildesten erschien.

Eine Aufzählung der Routen und Begehungen könnte jetzt kommen, jedoch verbleibe ich lieber damit jeden Kletterer zu empfehlen dieses Gebiet mal selbst zu besuchen. Diesen Berg hätte ich ohne das Austauschstudium nie so kennengelernt. Das wäre sehr schade gewesen, denn wahrscheinlich habe ich an keinem Berg so viel Zeit verbrachte wie am Mount Kenia.

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